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Was ist konkret damit gemeint, wenn die Bibel uns auffordert, unseren Nächsten zu lieben?
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Statistiken zufolge gibt es weltweit ungefähr 1,8 Milliarden Obdachlose. Alle diese Menschen haben nichts von dem, was wir für selbstverständlich halten. Sie haben keine Toilette, keine Dusche, Küche und auch keine Heizung. Manche von ihnen haben nicht einmal Verwandte, weil diese vielleicht nichts mehr mit ihnen zu tun haben möchten. So ist unsere Welt. Wer sich jedoch mit den Grundsätzen des Christentums und den Evangelien auseinandersetzt, weiß, dass Jesus die Nächstenliebe als eines der grundlegenden Gebote des Christentums nennt. Allerdings ist es heute so, dass wir bei all dem Leid und Elend auf dieser Welt oft gar nicht mehr wissen, wo wir damit anfangen sollten. 

Markus Wäsch, Referent der Sendereihe „Thema des Monats“ im ERF Süd, geht in der aktuellen Ausgabe der Frage nach, wie Jesus das Gebot der Nächstenliebe verstanden haben möchte. Als er eines Tages von einem der religiösen Gesetzeslehrer gefragt wurde: „Wer ist mein Nächster? (Lukas 10,29)“ antwortete Jesus ihm auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise. Jesus diskutierte nicht lange mit dem Gesetzeslehrer, sondern begann ihm eine Geschichte zu erzählen: „Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinunter. Unterwegs wurde er von Wegelagerern überfallen. Sie plünderten ihn bis aufs Hemd aus, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halbtot liegen; dann machten sie sich davon. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab. Er sah den Mann liegen, machte einen Bogen um ihn und ging weiter. Genauso verhielt sich ein Levit, der dort vorbeikam und den Mann liegen sah; auch er machte einen Bogen um ihn und ging weiter. Schließlich kam ein Reisender aus Samarien dort vorbei. Als er den Mann sah, hatte er Mitleid mit ihm. Er ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn in ein Gasthaus und versorgte ihn mit allem Nötigen. Am nächsten Morgen nahm er zwei Denare aus seinem Beutel und gab sie dem Wirt. ‚Sorge für ihn!‘, sagte er. ‚Und sollte das Geld nicht ausreichen, werde ich dir den Rest bezahlen, wenn ich auf der Rückreise hier vorbeikomme‘ (Lukas 10,30-35)“.

Das erste, was uns diese Geschichte zeigt, ist, dass diejenigen, die unsere Hilfe brauchen, oft dann in unser Leben treten, wenn wir vielleicht sehr beschäftigt sind oder es uns gerade überhaupt ins Konzept passt, Zeit, Geld und Mühe dafür zu investieren. Verständlich, dass wir in solchen Momenten zu einer Ausrede flüchten, wie das ja auch in der Geschichte, die uns Jesus erzählt, geschieht. Wer möchte schon in einen Fall verwickelt werden, von dem er nicht weiß, was dahinter steckt. Es könnte ja sein, dass der Hilfsbedürftige vorbestraft oder selbst Schuld an seiner Situation ist. Vielleicht handelt es sich sogar um eine vorgetäuschte Hilfsbedürftigkeit, was ja auch alles schon vorgekommen ist. Ist es angesichts dieser vielen Gefahren nicht verständlich, wenn wir in solchen Momenten Liebe die Augen verschließen und lieber alles tun, um unser Gewissen zu beruhigen?

Doch das ist nicht das richtige Verhalten eines Christen. Denn wer wirklich liebt, ist auch bereit, sich aus seinen Plänen und Vorhaben herausreißen zu lassen und Gott zu dienen, wo es nötig ist. Wer wirklich liebt, sollte schließlich auch bereit sein, sich von Aufgaben und Herausforderungen überraschen zu lassen, die Gott ihm anvertraut. Das ist sicher nicht einfach, gerade in unserer Zeit, wo Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft oft auch ausgenutzt und missbraucht werden. Dennoch sollten wir es immer wieder wagen und uns von Gott gebrauchen lassen, um zu helfen, wo wir können. Jesu Anweisungen dazu sind klar: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lukas 10,27). Dieses Gebot lässt sich am besten bei denjenigen Menschen in die Tat umsetzen, die uns in unserem Alltag begegnen und unserer Hilfe bedürfen. Wenn Gott sie uns über den Weg schickt, sollten wir nicht achtlos daran vorübergehen. 

Näheres dazu hören Sie in der Sendereihe „ERF Thema des Monats“ auf ERF Süd Radio, in ganz Österreich und in Südtirol auf DAB+ und im Webradio auf erfsued.com. Es ist der zweite Teil der Serie „Wer kennt den Weg zu einer besseren Welt?“. Vertiefende Literatur rund um die aktuellen Fragen unserer Gesellschaft finden Sie im Buchshop der ERF Buchhandlung "Buchgalerie", online unter buchgalerie.com